Im Jahr 2015 wurde die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) in wichtigen Punkten geändert. In der Verordnung sind die Bestimmungen für die Vergabe von Bauaufträgen und die Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen definiert. Aus den bis dahin im Teil C benannten Boden- und Felsklassen wurden die Homogenbereiche. Die Änderung soll die Ausschreibung und Leistungsbeschreibung im Massivbau für Kalkulation, Planung und Ausführung erleichtern, bringt für Bauherren, Planer und Baugrundgutachter aber auch neue Herausforderungen mit sich.
Boden- und Felsklassen nach VOB, Teil C
Der Teil C der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen enthält eine Vielzahl allgemeiner technischer Vertragsbedingungen (ATV). Diese sind gleichzeitig auch als Normen herausgegeben. Das Regelwerk beinhaltet schwerpunktmäßig technische Vorschriften zur Ausführung der Leistungen in den einzelnen Gewerken, unter anderem auch zur Gründung von Gebäuden. Dazu müssen die vorhandenen Baugrundverhältnisse mit einem Bodengutachten analysiert oder eine Baugrundbeschreibung erstellt werden. Die Beschreibung beinhaltete bis zur Neufassung der VOB Boden- und Felsklassen, die je nach Gewerk in Anzahl und Art unterschiedlich definiert waren. Die Angabe der Klassen diente für das ausführende Unternehmen zur Bestimmung der angewendeten Bautechnologien, zum Beispiel für Erdarbeiten im Massivbau, Bohrarbeiten, Dränarbeiten oder Landschaftsbauarbeiten. Gleichzeitig wurde diese Angabe als Grundlage zur Kalkulation für die Angebotsabgabe und Abrechnung benötigt. Darüber hinaus bestimmte die Bodenklasse den maximal zulässigen Böschungswinkel sowie die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen der Baugrube und gab so Anhaltspunkte zur fachgerechten und mängelfreien Ausführung.
Am bekanntesten sind die 7 Bodenklassen nach DIN 18300 „Erdarbeiten“ für das Lösen, Laden, Fördern, Einbauen und Verdichten von Boden und Fels:
- Klasse 1: Oberboden (Mutterboden)
- Klasse 2: Fließende Bodenarten
- Klasse 3: Leicht lösbare Bodenarten
- Klasse 4: Mittelschwer lösbare Bodenarten
- Klasse 5: Schwer lösbare Bodenarten
- Klasse 6: Leicht lösbarer Fels und vergleichbare Bodenarten
- Klasse 7: Schwer lösbarer Fels
Bei gleichen Untergrundverhältnissen gab es bis zur Einführung der Homogenklassen unterschiedliche Bezeichnungen für die einzelnen Gewerke. Die teils ungenaue Abgrenzung der einzelnen Klassen führte immer wieder zu Nachträgen und Streitigkeiten bei der Bauausführung. Das Resultat waren zeitliche Verzögerungen und zusätzliche Baukosten für den Massivbau.
Um eine Vereinheitlichung und Vereinfachung für die Ausschreibung und Leistungsbeschreibung sowie mehr Planungssicherheit zu erreichen, wurden die Klassen durch die Angabe sogenannter Homogenbereiche ersetzt. Die speziellen Anforderungen der einzelnen Gewerke sollen damit besser berücksichtigt, gleiche Boden- und Felszusammensetzungen dennoch gleich benannt werden.
Die Homogenbereiche
Ein Homogenbereich ist ein begrenzter Bereich aus einer oder mehreren Boden- oder Felsschichten, der für das gewählte Bauverfahren vergleichbare Eigenschaften aufweist. Die Einteilung in die verschiedenen Bereiche erfolgt vor dem Lösen des Bodens anhand von Boden- und Laborversuchen. Mit der Veröffentlichung der Ausgabe des VOB-Ergänzungsbandes 2015 mit DIN 18300 Ausgabe 2015-08 im Juli 2017 gelten die neuen Klassifizierungen.
Als Ausgangspunkt für die Homogenbereiche dient der geotechnische Bericht nach DIN EN 1997-2 „Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds“. Der Baugrundgutachter legt die Homogenbereiche für die jeweilige Baumaßnahme fest. Dazu muss er zum einen eine gute Kenntnis der Technologien und Bauweisen im Massivbau besitzen, weiterhin ist eine frühzeitige und enge Abstimmung zwischen Baugrundgutachter und Planer nötig. Ebenso sind die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Gewerke bei der Zusammenfassung der einzelnen Schichten zu berücksichtigen. Für die benannten Homogenbereiche werden verschiedene Kennwerte wie Kornverteilung, Dichte, Reibungswinkel oder Wassergehalt und Konsistenz angegeben. Auch diese sind für die einzelnen Bereiche vereinheitlicht, allerdings müssen nicht für jedes Gewerk alle Kennwerte beschrieben werden.
Neuerungen in der DIN 18300
Die Einführung der Homogenbereiche hat verschiedene Änderungen in der DIN 18300 erforderlich gemacht. So ist im Baugrundgutachten eine Angabe der sogenannten geotechnischen Kategorie (GK) nötig.
Unterschieden werden:
- GK 1: Einfache Bauwerke auf ebenem, tragfähigen Grund
- GK 2: alle Bauvorhaben, die nicht zur GK 1 oder GK 3 gehören
- GK 3: Bauvorhaben mit komplizierten Konstruktionen und schwierigen Baugrundverhältnissen
Schon hieraus ist ersichtlich, dass ein Baugrundgutachten mit Homogenbereichen nur erstellt werden kann, wenn dem Sachverständigen die Konstruktion des Bauwerks bekannt ist. Weiterhin werden keine statischen, sondern geotechnische Berechnungen gefordert; alle Arbeiten, die den Oberboden betreffen, sind nicht mehr Teil der DIN.
Vorzüge und Nachteile der Homogenbereiche
Die neuen Homogenbereiche in der VOB, Teil C bringen verschiedene Vorzüge, aber auch Nachteile mit sich. So entfällt die Einteilung der Bodenschichten in einzelne Klassen: Die im Leistungsverzeichnis angegebenen Eigenschaften und Kennwerte der Homogenbereiche geben eine genaue Beschreibung des Baugrunds vor. Dies macht die Leistung gut kalkulierbar und verringert Nachträge und zusätzliche Kosten. Für alle Gewerke gelten die gleichen Kennwerte des Baugrunds, was ebenfalls zur Vereinfachung von Ausschreibung und Kalkulation führt.
Ein Nachteil ist es allerdings, dass die Anforderungen an Baugrundgutachter und Planer steigen. Um die Zuordnung der einzelnen Bodenschichten zu Homogenbereichen fachkundig und praxisnah umzusetzen, ist eine hohe Fachkompetenz hinsichtlich der Bauausführung nötig, ebenso müssen die Art der geplanten Bauausführung wie auch die dafür erforderlichen Gewerke schon vor der Baugrunduntersuchung bekannt sein. Zum Teil können ergänzende Untersuchungen im Verlauf der Planung nötig werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Planer oder Bauherr und Baugrundgutachter ist unverzichtbar, um die Planung, Ausschreibung und Vergabe genau auf die festgelegten Homogenbereiche abzustimmen.